Zwangsgedanken Therapie – wie lange dauert eine Psychotherapie?

Psychotherapie – oder Perspektivenwechsel – was machen wir hier? Über Störungen oder über Ressourcen reden?

Psychotherapie – oder Perspektivenwechsel – was machen wir hier? Über Störungen oder über Ressourcen reden?

Wer wegen einer Zwangserkrankung oder Zwangsstörung nach einer Therapie sucht, erhält von Psychotherapeuten, Psychiatern und auch in Psychologieratgebern in etwa Antworten wie diese:

  • „Eine Zwangserkrankung ist hartnäckig
  • „Die Behandlung einer Zwangsstörung dauert lange“
  • Psychotherapie bei einer Zwangsstörung ist langwierig“
  • Konfrontationstherapie (Expositionstraining / Reizkonfrontation) würde die Patienten zum „richtigen Verhalten umerziehen“ (Dem Sinne nach: „Sie sehen doch, dass das Befürchtete nicht eintritt. Sehen Sie es endlich ein, dann muss es auch Ihre Psyche einsehen»).

Alles in allem sind die von Psychiatern und Psychotherapeuten gegebenen Prognosen bei Zwangsstörungen nicht immer günstig – um es vorsichtig auszudrücken.

Muss das sein? Muss die Therapie einer Zwangsstörung wirklich lange dauern?

  • Anders gefragt: Wie wirkt es auf einem Menschen, wenn er als Prognose für einen Heilungsverlauf „langsam“ erfährt?
  • Und wie wirkt es, wenn jemand davon ausgeht, dass ein Ziel gut erreichbar ist, auch wenn es bisher anders ausgesehen hat?

Alternativ bzw. ergänzend zu einer klassischen Psychotherapie: Supervision

Eine Supervision (lat. super über und videre sehen) kann eine Momentaufnahme sein, ein Blick von außen bzw. eher von oben auf eine Situation, eine Beziehung, eine Aufgabe, eine Idee – und natürlich auch auf einen Gedanken. Supervision kann auch hinsichtlich der Idee stattfinden, jemand hätte eine Zwangserkrankung. Die Sitzung mit einem Klienten kann immer auch zum Ziel haben, eine vermeintliche Sicherheit („Der Patient hat eine Zwangsstörung) durch eine andere Hypothese zu ersetzen.

Eine kurze Geschichte über eine heilsame Verwechslung – versehentlich zum Supervisor gegangen

Stellen Sie sich vor, eine Person mit der Diagnose Zwangserkrankung verwechselt die Türen und geht – statt in das Büro des Psychotherapeuten – in das Büro des Supervisors.

  • In dieser Geschichte merkt die Person den Irrtum nicht gleich. So beginnen die beiden einen Dialog.
  • Nach einer Weile beginnt die Person mit der Diagnose Zwangsstörung / Zwangserkrankung neu über die Diagnose nachzudenken.
  • Der Berater spricht von natürlichen Vorgängen hinsichtlich der Anliegen der Person. Und dass es ganz normal und verständlich ist, dass die Seele bei sehr großen unerfüllten Wünschen auf viele Einfälle kommt, um diese Wünsche doch noch irgendwie zu erfüllen.
  • Am Ende des Gesprächs geht die Person aus dem Büro des Supervisors. Und sie vergisst ihre Diagnose dort.

Die eben noch als zwanghaft definierte Person geht weiter in ihren Alltag und beginnt, eine liebevolle und wertschätzende Verbindung zu sich selbst aufzunehmen. Im wahrsten Sinne des Wortes: zwanglos.

Wie geht diese Geschichte weiter?

Stellen Sie sich selbst diese Frage. Stellen Sie sich stellvertretend für eine Person mit einer Diagnose Störung aus dem anankastischen Formenkreis die Frage, wie es weitergeht, wenn eine Diagnose in den Hintergrund tritt und ein Lösungskonzept in den Vordergrund kommt.

Sind Sie wegen einer Zwangsstörung in Therapie?

  • Wie weit sind Sie bisher in Ihrer Therapie (Verhaltenstherapie / Analyse) gekommen?
  • Haben Sie im Hinblick auf die diagnostizierte Zwangserkrankung inzwischen – zumindest ansatzweise – die Veränderung bewirken können, die Sie sich erhofft haben?
  • Woran werden Sie erkennen, dass Ihre Therapie – in Ihrem Sinne – erfolgreich abgeschlossen ist? (Hat Ihnen Ihr Therapeut diese Frage am Anfang der Therapie gestellt?)

Die vermeintliche Gewissheit einer Diagnose gegen das Wagnis von Veränderung eintauschen

Menschen wollen Klarheit und Eindeutigkeit. Wenn jemand vom Spezialisten (Psychotherapeut) gehört hat, dass da eine zwanghafte Störung und ein Zwang vorliegen, was wird das Ergebnis sein? Begeisterung?

Und fragen wir weiter.

Wenn jemand nach Verkündigung der Diagnose erste Versuche unternimmt, Impulse und Gedanken zu unterdrücken … und feststellt, dass das wenig erfolgversprechend ist: Welche zwei möglichen Erklärungsversuche gibt es?

  • Erklärungsversuch 1: „Offenbar bin ich so gestört, dass selbst der Spezialist (Therapeut) nichts bei mir bewirken kann.“
  • Erklärungsversuch 2: „Es ist natürlich und normal und gesund, dass ich gegen meine Gedanken nicht ankämpfen kann. Ich benötige einen anderen Ansatz.“

Welcher Erklärungsversuch wird dem Menschen nützen und ihm eine Wahlmöglichkeit eröffnen?

Das kleine Wagnis der Veränderung

Warum ist es ein kleines Wagnis, etwas anderes als Psychotherapie bzw. einen Ansatz als Ergänzung zur Therapie zu suchen? Es könnte sein, dass sich in kurzer Zeit genau die Veränderung abzeichnet, die sich ein Patient immer schon gewünscht hatte.

Zunächst aber können (und werden vermutlich) Gedanken dieser Art auftauchen:

  • „Warum habe ich so lange unter den Zwängen gelebt und gelitten?»
  • „Kann es wirklich so einfach sein, aus meinen Gedankenkreisläufen auszusteigen?»
  • „Alle Therapeuten hatten gesagt, das würde lange dauern. Und jetzt soll alles ganz schnell gehen?»

Wenn jemand schon lange unter den Symptomen einer Zwangsstörung gelitten hat, fällt die Vorstellung im ersten Moment natürlicherweise schwer, dass sich die Störung im Einklang mit sich selbst auflösen lässt.

Metaperspektive Supervision – Frankfurt von oben

Sieht alles ganz anders aus: Metaperspektive Supervision am Beispiel Frankfurt

Der Perspektivenwechsel lohnt sich

Es sind immer – nur – Details, die den Blick auf ein Thema und den Bezug zu einer Situation völlig verändern. Der kleine Stein im Schuh, der die Wanderung unmöglich macht. Und die Wanderung, die nach dem Herausnehmen des Steines zum Vergnügen wird.

Angenommen, man würde eine Diagnose wie „Zwangsstörung“ mit einem Stein im Schuh vergleichen …

Zwangsstörung Therapie – Fazit

Wenn Zwangsgedanken und Zwangssymptome auftreten – bzw. das, was als Zwangsgedanken bzw. Zwangssymptome bezeichnet wird, denken viele an eine Therapie:

  • Reizkonfrontation (im Rahmen der Konfrontationstherapie auch Expositionstraining genannt) – aus der kognitiven Verhaltenstherapie bekannt, um ein „Reaktionsmanagement“ zu erlernen. Die Zwangskranken werden im Rahmen der Reizkonfrontation gezielt den Reizen ausgesetzt, mit denen sie höchstes Unbehagen und große Angst verbinden, z. B. Schmutz. Die Idee hinter der Reizkonfrontation: durch Einsicht sollen die Menschen lernen, dass ihr Verhalten unsinnig ist und das Vermeiden des Verhaltens keine negativen Konsequenzen (Unglück, Unfall usw.) zur Folge hat. Irgendwann wird die Angst nachlassen, so kalkuliert die Verhaltenstherapie. Reizkonfrontation ist eine Zumutung für die Betroffenen.
  • Ein Antidepressivum wird verschrieben, weil man sich auf pharmakologischer Ebene eine Verbesserung erhofft. Wenn man mit einem Menschen durch behutsames und wertschätzendes Arbeiten für seine Anliegen gute Erfolge erzielen kann, sind Medikamente natürlich eine Fehlanzeige.

Eine Therapie setzt Gewissheit voraus, dass es sich wirklich um eine Erkrankung (Persönlichkeitsstörung) handelt. Es braucht sichere Diagnosekriterien, damit eine Zwangserkrankung zweifelsfrei festgestellt werden kann.

Diagnosekriterien Zwangserkrankung (ICD-10) mit Kommentaren

F40-F48
Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen

F42.-Zwangsstörung D– der ICD-10 führt zu den Diagnosekriterien aus

(Hervorhebungen von zwangsvorstellungen.de / Zitate hier in Anführungszeichen, Kommentare kursiv)

  • „Wesentliche Kennzeichen sind wiederkehrende Zwangsgedanken und Zwangshandlungen.“
    Ist die Tatsache, dass ein Gedanke oft auftaucht, bereits ein Diagnosekriterium für Zwänge oder Zwangsgedanken?
  • „Zwangsgedanken sind Ideen, Vorstellungen oder Impulse, die den Patienten immer wieder stereotyp beschäftigen.“
    Diese Ideen beschäftigen nicht die Patienten – es sind die Patienten, die sich mit den Ideen beschäftigen. Das ist ein entscheidender Unterschied.
  • „Sie sind fast immer quälend, der Patient versucht häufig erfolglos, Widerstand zu leisten.»
    Kein Mensch kann auf die Dauer gesund bleiben, wenn er gegen etwas in sich Widerstand leistet. Die Idee von diesem Widerstand ist widersinnig. Geeignet hingegen ist jedoch das Konzept vom anderen Umfang mit aufdringlich wirkenden Ideen.
  • „Die Gedanken werden als zur eigenen Person gehörig erlebt, selbst wenn sie als unwillkürlich und häufig abstoßend empfunden werden.»
    Zu wem sollten die Gedanken als zugehörig erlebt werden, wenn nicht zu den Betroffenen selbst? Würden die Patienten diese Gedanken als nicht ihnen zugehörig erleben (ich-dyston), dann und erst dann könnte man sich Sorgen machen, weil hier das Konzept vorliegen könnte, die eigenen Gedanken würden nicht in einem selbst entstehen, nicht zur eigenen Persönlichkeit gehören oder sie würden einem sogar von anderen eingegeben.
  • „Zwangshandlungen oder -rituale sind Stereotypien, die ständig wiederholt werden. Sie werden weder als angenehm empfunden, noch dienen sie dazu, an sich nützliche Aufgaben zu erfüllen. Der Patient erlebt sie oft als Vorbeugung gegen ein objektiv unwahrscheinliches Ereignis, das ihm Schaden bringen oder bei dem er selbst Unheil anrichten könnte. Im Allgemeinen wird dieses Verhalten als sinnlos und ineffektiv erlebt, es wird immer wieder versucht, dagegen anzugehen. Angst ist meist ständig vorhanden. Werden Zwangshandlungen unterdrückt, verstärkt sich die Angst deutlich.“
    Dies alles sind Beschreibungen, die sich nicht für eine Ursachentherapie eignen, sondern allenfalls zur Symptomtherapie. Die beschriebenen Phänomene sind zwar weitgehend zutreffend, jedoch gerade nicht der Ausdruck einer Störung (Zwänge, Zwangshandlungen, Zwangsimpulse, Zwangsrituale, Zwangssymptomatik). Diese Phänomene weisen am ehesten auf eine sehr wache und feinfühlige Persönlichkeit hin, die Unterstützung in ihren Anliegen benötigt. Ist das ein Grund, von Zwangskranken zu sprechen, die im Rahmen einer Psychotherapie, womöglich in einem Klinikaufenthalt, ein Reaktionsmanagement lernen müssen?     

Auf dieser Internetseite wird ein anderes Konzept zum Umgang mit sog. Zwangserkrankungen vorgestellt. Hier geht es um neue, wertschätzende Lerngeschichten für Menschen. Wenn Sie so wollen: Jeder Klient kann seine eigene, individuelle Lerngeschichte schreiben, indem er seinen Bezug zu dem, was er als Zwangserkrankung erlebt hatte, verändert.