Zwangsstörungen – nicht alles, was stört, ist gestört
Zwangsstörung – so nennen viele Betroffene und Therapeuten eine Reihe von Phänomenen, die sie anders nicht zu beschreiben wissen. Zweifellos sind zwanghafte Rituale sehr lästig. Aber gleich von einer Persönlichkeitsstörung ausgehen?
Was ist eine Zwangsstörung, was eine Zwangserkrankung?
Fragen wir lieber anders:
Wie entstehen Zwangsstörungen? Warum ist schnell von Krankheiten die Rede?
Was führt zu der Annahme, es könnte sich um Krankheiten handeln wenn …
- Befürchtungen
- Kontrollversuche
- Kontrollideen
- Kontrollverluste
- Ordnungssehnsucht …
auftauchen?
Zwangsstörungen (bzw. das, was viele als Störung wahrnehmen und erleben) sind lästig im Alltag. Kein Zweifel. Viele erleben es als quälend, immer wieder dieselben Handlungen „ausführen zu müssen“, dieselben Gedanken zu bekämpfen und dieselben Selbstabwertungen zu hören. Viele denken dann an Krankheiten wie eine Zwangserkrankung.
Die kognitive Ebene, also ihr Verstand sagt den betroffenen Personen in etwa: Eine psychische Störung braucht womöglich eine medikamentöse Behandlung. Denn, so sagen sich viele: Vielleicht kann die unangenehme Eigenheit, dieses Verhalten auf diese Weise ausgeschaltet werden. So lange Rituale als Krankheiten beschrieben und erlebt werden, werden die Behandlung von Störungen und die Rede von Patienten die Folge sein.
Und so entwickelt sich ein Teufelskreis, in dem immer mehr unangenehme Dinge auftauchen, als zwanghafte oder psychische Störung interpretiert werden. Das hat schon manche Karriere in Schwierigkeiten gebracht. Und mit dem Alter wird es natürlich immer schwerer, Energie für das „Ankämpfen gegen die Symptome“ aufzubringen, überhaupt etwas gegen die Zwangsstörung zu unternehmen.
Das alles stört das Leben immens. Es kann sogar soweit gehen, dass die Karriere oder der Alltag zum Stillstand kommt. Aber:
Viele Phänomene werden mit Störungen lediglich verwechselt
Vieles, was wir den ersten Blick wie eine zwanghafte Störung erleben, ist tatsächlich ein – logisches – Phänomen. Lange nicht alles, was hinderlich wirkt und den Alltag stört, ist gestört im Sinne einer Krankheit. Hier sollte man sehr genau differenzieren. Oft ergibt sich aus anfangs noch relativ harmlosen Gedanken eine Eskalationsspirale – s. hierzu Waschzwang / Kontrollzwang Ursachen – und alle sind sich dann plötzlich darin einig, dass eine Störung, z. B. eine zwanghafte Persönlichkeit vorliegen müsse.
Wie entsteht eine sogenannte Zwangsstörung?
Es beginnt mit einer Beobachtung, die dann beschrieben wird. Jede Beschreibung hat eine Wirkung. Aus jeder Definition entwickelt sich ein Erleben, eine Wahrnehmung. Schauen Sie mal, welche Wirkung der folgende Satz auf Sie hat:
Als Zwangsstörungen werden „psychische Störungen definiert, bei denen sich Gedanken und Handlungen aufdrängen, die zwar als quälend empfunden werden, aber dennoch umgesetzt werden müssen.“ Solche Definitionen finden sich in der Literatur, die psychische Themen beschreibt. Baut Sie das eher auf – oder ist es eher geeignet, Sie niedergedrückt zu stimmen?
Sachlich richtig wäre es zu schreiben – und es wirkt auch gleich anders:
- „Psychiatrie und Psychotherapie bezeichnen es als Zwangsstörung und sogar Krankheit, wenn Menschen es als unlösbare Aufgabe beschreiben, bestimmte Gedanken auszuschalten.
- Tatsächlich spricht es jedoch für ein sehr gesundes Gehirn, wenn bei gesteigerter Aufmerksamkeit (z.B. auf einen Gedanken) ein Fokus gebildet und dauerhaft aufrecht erhalten werden kann.»
Zwangsstörung – oder aber: „meine Besonderheit, mit der ich liebevoll umgehe, bis sie wieder geht»?
Welchen Begriff wollen Sie wählen: ein Wort wie Persönlichkeitsstörung oder einen Begriff, der mit Wertschätzung für sich selbst zu tun hat? Man kann für alles Begründungen und angebliche Beweise finden. Hier ein Beispiel, wie Krankheitsanzeichen beschrieben werden, wo tatsächlich ganz normale Prozesse im Hintergrund laufen:
Wie entsteht eine vermeintliche Zwangsstörung? Hier das Beispiel „Panikattacke“
Sehen Sie sich die natürliche und logische Entstehung einer als Panikattacke (kurzzeitig stark übersteigertes Angstempfinden, verbunden mit Angst vor Kontrollverlust) erlebten Verfassung an. Womit fängt eine sogenannte Panikattacke an?
- Die betroffene Person stellt fest, dass sie etwas, z. B. Gedanken, nicht kontrollieren kann. Das ist übrigens so gut wie nie möglich (etwas anderes hingegen sehr wohl).
- Die Person versucht, dennoch die Kontrolle zu gewinnen. Dadurch verändert sich auf der physiologischen Ebene (Körper) zum Beispiel der Atem.
- Ein beschleunigter Atem wirkt sich auf die Herzfrequenz aus.
- Der Puls beginnt zu rasen
- Die körpereigenen Warnsysteme bemerken das natürlich und melden an den Kreislauf: „offenbar ein Notfall“
- Und der Kreislauf aktiviert zusätzliche alles, um für den Notfall gut ausgerüstet zu sein
- Es könnte ja erforderlich sein, sich zu wehren oder zu fliehen …
- Adrenalin, Cortisol und andere Stoffe aus der körpereigenen Apotheke werden ausgeschüttet, natürlich mit Wirkung
- Während der Mensch das alles erlebt, versucht er immer mehr, diesen Ablauf zu stoppen, „in den Griff zu bekommen“. Die Eskalation kann sich jeder bildhaft vorstellen.
In Zeitlupe betrachtet ist die Eskalation in eine Angstattacke hinein aber ein nachvollziehbarer Ablauf.
Wie äußert sich eine Zwangsstörung? So fragen z. B. Verhaltenstherapeuten
Im letzten Abschnitt haben wir gesehen, dass starkes Angsterleben aus einer logischen Verkettung natürlicher Abläufe entstehen kann. Aber wie deuten die Psychiatrie und die kognitive Verhaltenstherapie diesen Ablauf um? Vertreter z. B. der kognitiven Verhaltenstherapie sprechen schnell von Panikstörungen, wenn Luftnot (Atemnot), Herzrasen und die Angst vor Kontrollverlust auftauchen.
Aber sehen Sie sich noch einmal den Ablauf oben an. Von außen betrachtet wirkt gesteigerte Angst wie eine psychische Störung. Auf der Ebene des Phänomens deutet aber mehr auf einen sehr wachen und gesunden Organismus hin.
Der Zwangsstörungs-Irrtum
Es gibt einen fatalen Irrtum, wenn von psychiatrischen Erkrankungen die Rede ist.
Irritationen sind normal und gesund, wenn ein Mensch Kontrollverlust erlebt. Aber die Idee, man müsste angeblich alles unter Kontrolle haben, ist sehr anstrengend. Wenn man sich da lange genug hineinsteigert, kann man sich schnell nit psychisch Kranken verwechseln.
Unkontrollierbare Gedanken und Impulse zählen zum Alltag. Stellen Sie sich vor, Sie haben den Impuls, eine ganze Tafel Schokolade zu essen. Auf einmal. Und dann noch eine. Und dann stellen Sie sich vor, wie Sie diesen Impuls wahrnehmen und sich liebevoll sagen: Es ist so verständlich, dass da immer wieder diese große Lust auf Süßes auftaucht. Aber ich habe mit mir eine Vereinbarung getroffen, maßvoll zu sein, damit sich meine Waldläufe auch lohnen.
Wie wirkt dieser Impuls dann? Wie eine Zwangsstörung?
- Ja, werden Sie jetzt einwenden, bei einer Schokolade ist das doch kein Problem. Und ich sage Ihnen:
- Jede Art von innerem Bild wirkt angenehm, neutral oder schrecklich. Je nachdem, wie wir das Bild (oder den Impuls) bewerten.
- Beispiel: Jemand hat den Impuls, mitten auf der Einkaufsstraße plötzlich laut obszöne Wörter zu rufen und dabei mit den Armen zu rudern. Wie wird sich die Situation wohl entwickeln, wenn er diesen Gedanken als abscheulich, krank, verrückt oder zwanghaft beschreibt? Und wie wird es weitergehen, wenn er zu sich sagt: Sachen gibt’s …?
Welche Formen von Zwangsstörungen werden z. B. von der Verhaltenstherapie beschrieben?
Vertreter der kognitiven Verhaltenstherapie (VT) fragen gerne: Wie kann eine Zwangsstörung erkannt werden?
- Und sie liefern auch gleich Antworten, die zunächst logisch wirken.
- Verhaltenstherapeuten schreiben von der Anzahl der Symptome, die angeblich „von Person zu Person“ schwankt
- Reinigungs- und Waschzwänge, so die VT-Therapeuten, würden prozentual den größten Anteil der Zwangsstörungen ausmachen.
- Und dann folgt auf den einschlägigen Internetseiten auch eine „ordentliche“ Auflistung der fest definierten „Zwänge“:
Reinigungs- und Waschzwänge (sogenannte)
Menschen mit der Diagnose Waschzwang beschreiben eine größere Abneigung als viele andere Personen in Hinsicht auf Verschmutzungen und Erkrankungen, die z. B. durch Bakterien ausgelöst werden könnten. Aus dieser höheren Abneigung machen Verhaltenstherapeuten im Web und in der Praxis dann schnell „panische Angst oder Ekel“.
Was liegt eigentlich hinter Waschzwängen und Reinigungszwängen?
Nehmen wir an, ein Mensch musste in bestimmten Phasen oder Situationen seines Lebens einen Verlust von Sauberkeit hinnehmen. Oder er ist in einer Umgebung aufgewachsen, in der kaum Strukturen waren. Es ist nachvollziehbar, dass hier eine Sehnsucht nach Reinigung, nach Abwaschen besteht.
Ein Mensch, der ein großes Bestreben nach Reinlichkeit (auch Integrität und Unversehrtheit hat), bewertet die Handgriffe in Bussen und Bahnen auf seine Weise. An Handgriffen, Geländern und öffentlichen Toiletten sind Schmutz, Bakterien, Viren, Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen selbstverständlich vorhanden.
Die häufig beschriebenen Kontaminationsängste oder Verunreinigungsängste sind grundsätzlich überhaupt nichts Ungewöhnliches. Es ist für jeden nachvollziehbar: Erst den Fahrkarten- oder Geldautomaten bedienen und dann mit ungewaschenen Händen eine Brezel essen: Das ist in höchstem Maße unappetitlich! Wie kann sich nun die Befürchtung, ich könnte mich infizieren, in übersteigerter Weise äußern?
Indem ich mir Dinge sage wie: „Es ist falsch und irgendwie gestört, dass ich ständig über Sauberkeit nachdenke.“
Sobald der nächste Gedanke an das Händewaschen und das Desinfizieren von Gegenständen auftaucht, brauche ich ihn nur noch wie „fort mit dem schlechten Gedanken!» zu kommentieren, und er wird wiederkommen, stärker sein. Das ist keine böse Absicht des Gehirns, das ist ganz normal.
Alle Dinge, denen wir Aufmerksamkeit geben, wirken deutlicher, stärker. Gegen etwas anzukämpfen heißt: maximale Aufmerksamkeit geben. Ist aus Sicht des Gehirns auch sehr sinnvoll. Wenn ein Höhlenmensch sich gegen einen angreifenden Bären zur Wehr setzen musste, dann hatte alle Aufmerksamkeit beim Bären zu sein – und eben nicht beim Wetter.
Mit der Fehldeutung natürlicher Abläufe beginnt der Konditionierungsprozess, gegen den dann später mit Konfrontation angekämpft werden soll. Die Bezeichnung eines sich wiederholenden Gedankens als Zwangsgedanke ist der Konditionierungsprozess, der durch „Gegenmaßnahmen“ gegen den Gedanken oder Handlungsimpuls noch beschleunigt und verstärkt wird.
Der Kreislauf, in dem aus einem Phänomen („Ich denke über Schmutz nach“) durch Energiezufuhr („Ich sollte nicht über Schmutz nachdenken“) in kurzer Zeit ein Problemerleben wird, ist oben schon beschrieben.
Und das stundenlange Händewaschen und Putzen der Wohnung?
In der wertschätzenden Arbeit mit Menschen, die stundenlange Reinigungsrituale ausführen, kommt es auf Einfachheit an. Einfache Beschreibungen für kompliziert wirkende Abläufe.
- Sie legen offenbar einen sehr großen Wert darauf, dass Ihre Wohnung befreit ist von Unordnung und Schmutz?
- Sie würden sich wünschen, dass der Zustand von Sauberkeit endlich und wirklich und für immer so bleibt?
- Sie können es kaum ertragen, wenn Fremde mit Schuhen Ihre Wohnung betreten, weil sie Ihnen womöglich Hundekot und andere Verunreinigungen in Ihr Heim tragen?
Auf diese Fragen kann jeder Mensch jederzeit mit einem Ja antworten. An dieser Stelle ist es entscheidend, die Wunschziele (oder Sehnsuchtsziele, wie diese der Heidelberger Dr. Gunther Schmidt bezeichnet) als verständlich und berechtigt zu würdigen. Darauf kommt es an. Es ist kein unsinniger Wunsch, sich nach lebenslanger Reinheit zu sehnen! Es ist in der imaginierten Form eben nur nicht umsetzbar.
Deshalb kommt es auf eine wertschätzende, behutsame und von der betroffenen Person tragbare, leichte Veränderung der Zielvorstellungen an. Andere Zielvorstellung = andere Wirkung. „Ich würde Ihnen so wünschen, dass Sie mit einer Weltklasse-Putzaktion ein für allemal alle Verunreinigungen aus Ihrer Wohnung vertreiben könnten – aber, wir werden hier ein anderes Denkmodell ausprobieren.»
Ab hier. Und ab hier weist der Text auf noch eine Besonderheit hin, die bei der Analyse und Behandlung der Zwangserkrankung übersehen wird.
Therapeuten beschreiben Rituale als den Teil der Zwangserkrankung. Dabei sind Rituale wie Zählen, Nachsehen, Wiederholen usw. lediglich eindrucksvolle Wenn-Dann-Beziehungen, die eine hohe Funktionalität aufweisen. Sie werden typischerweise von Menschen verwendet, die sich – aus sehr nachvollziehbaren Gründen – nach Selbstwirksamkeit sehnen.
Welche Funktionalität ist mit Ritualen verbunden?
Es geht hier um die Etablierung einer höheren Ordnung, die den Dingen und Abläufen gegeben werden soll. Wenn-Dann-Beziehungen sind dabei die starken Merkmale.
Unter diesem Gesichtspunkt sind alle anderen Ausprägungen von Zwangserkrankungen gut einzuordnen.
- Kontrollzwänge
- Zählzwänge
- Sammelzwänge
- Zwangsgedanken
- Zwangshandlungen
Wenn mit den Betroffenen herausgearbeitet wird, welches Wunschergebnis mit den Ritualen erzielt werden soll, dann ist Veränderung möglich – und zwar am Wunschergebnis.
Bis die Funktionalität entschlüsselt ist, werden die Rituale sehr genau befolgt. Betroffene beschreiben, dass sie Wert darauf legen, jedes Ritual vollständig auszuführen. Mit der Brille der Wertschätzung gesehen und beschrieben heißt das:
Hier ist eine hohe Gewissenhaftigkeit vorhanden. Dies deckt sich in der Regel mit hohen Ansprüchen an Pflichterfüllung und Genauigkeit, die betroffene Personen an sich selbst stellen.
Typisch für den Formenkreis von Phänomenen, die als Zwänge beschrieben werden, sind Vermeidungshaltungen. Aus rein ökonomischen Gründen. Ein Mensch, der es vermeidet, seine Wohnung zu verlassen, schleppt keine Keime ein. Jede Art von Vermeidung hat jedoch hohe Folgekosten, die bis hin zur Vereinsamung in einer Wohnung oder dem Verlust des Arbeitsplatzes gehen können.
Kontrollzwänge – bzw. das, was man für Zwänge hält
Auch bei den sogenannten Kontrollzwängen imponieren deutliche Wenn-Dann-Muster. >Wenn< ich zu Hause den Stecker des Bügeleisens nicht herausziehe, >dann< bringe ich Unglück über die Wohnung. In der Tat ist es wenig erstrebenswert, wenn das Bügeleisen unbeaufsichtigt eingeschaltet ist.
Auch der Gedanke, womöglich mit dem Auto versehentlich jemand überfahren zu haben – und das erst später zu bemerken, ist sehr belastend. Auch dieses Ergebnis einer Vermutung verwundert nicht.
Das Bestreben, sich immer wieder zu vergewissern, wird als Kontrollzwang abgewertet. Tatsächlich ist eine wertschätzende Beschreibung hier: Gewissenhaftigkeit, verbunden mit dem intensiven Bestreben, dass alles in Ordnung kommen und in Ordnung bleiben möge. Also ein sehnsüchtiges Sicherheitsstreben.
- Habe ich den Herd ausgeschaltet?
- Habe ich das richtige Öl zum Braten verwendet?
- Habe ich die Nutzungsbedingungen beachtet?
- Habe ich die Haustüre abgeschlossen?
- Habe ich alle Fenster geschlossen?
Jeder sieht, wie viel Arbeit es macht, diese und ähnliche Punkte immer wieder zu überprüfen?
Aber warum schaffen es die betroffenen Personen nicht oder kaum, ab einem bestimmten Punkt zu sagen: Jetzt ist es gut, das Bügeleisen ist wirklich aus? Weil die Funktion hinter dem Ritual nicht primär das Bügeleisen ist, sondern das ersatzweise Herstellen von Sicherheit, Übersicht, Beruhigung. Auf dem Ersatzweg aber sind diese Ziele nicht ereichbar. Deshalb wird immer wieder der Ersatzweg gewählt. Weil eben (noch) nicht der zielführende Weg sichtbar ist. Und weil ein erreichbares Ziel noch nicht definiert wurde. Ein erreichbares Ziel könnte sein: Auch wenn ich mir sehnlichst die absolute Sicherheit wünschte: Ich richte mich in einer 80:20-Welt ein.
Wiederholwänge, Zählzwänge
Ein typisches Beispiel für die Fehlinterpretation auf der Seite der Psychotherapie ist die Seite zwaenge.de (offensichtlich überwiegend oder ausschließlich von Verhaltenstherapeuten besetzt. Hier finden sich merkwürdige Anmerkungen, die wie Gesetze wirken: „Wiederholzwänge bringen den Betroffenen dazu, ganz alltägliche Handlungen (…) immer eine bestimmte Anzahl lang zu wiederholen.»
Dieser Satz belegt eindrucksvoll, wie sehr die Vereinigung der Verhaltenstherapeuten die Idee von einem Zwang als einer Art realen Kraft oder Person, die etwas mit den Menschen macht, verbreitet.
Und so lassen sich alle anderen Ausprägungen von Zwängen, die von den Vertretern der Psychotherapie-Pathologie kategorisiert wurden, unter ähnlichen Prämissen beleuchten:
- Die Sehnsucht, Dinge zu ergründen, mit Werten zu verkoppeln, zu bewahren und in ihrer Systematik, ihren Mustern zu erkennen (Sammelzwänge). Selbstverständlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass es hier Ausprägungen gibt, die ungesunde Auswirkungen haben. Hier sind wertschätzend aufgebaute Interventionen entscheidend
- Den Wunsch, Übersicht zu gewinnen und zu behalten, die Algebra in der Wohnung zu beherrschen (Zählzwänge)
„Ordnungszwänge“ – der größte aller Zwangs-Irrtümer!
Ordnungssysteme sind das tragende Element aller Zwangs-Phänomene (Zwangsgedanken, Zwangshandlungen, Zwangsstörungen, Zwangserkrankungen). Deshalb ist es mindestens eine grobe Ungenauigkeit, das zentrale Funktionselement der Phänomene aus diesem Formenkreis als Kennzeichen der Störung zu verkennen.
Wer das Ordnungssystem hinter einem Phänomen entdeckt und nutzbar (nicht: besiegbar!) macht, erweist den Betroffenen den wichtigsten Dienst auf dem Weg zum Ausstieg aus den belastenden Mustern!
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